Calche,

oder die traurige Geschichte eines spanischen Galgos. Ich verbringe Dezember 2018 bis März 2019 die Zeit mit meinem Mann in Calpe, Spanien und natürlich haben wir hier über die Medien erfahren, dass jeden Februar wenn die Jagdsaison vorbei ist 50.000 Galgos entsorgt werden. Einige werden aufgehangen, andere erschossen und die anderen einfach ausgesetzt, oft werden ihnen vorher die Beine gebrochen damit sie den Autos nicht nachlaufen können. Chalche wurde mit seiner Freundin ausgesetzt und er möchte Euch seine Geschichte erzählen.

 

Ich bin Calche, ich wurde geboren um zu jagen. Meine Muter hatte sieben Welpen, vier Weibchen und drei Rüden, zwei Rüden wurden ihr gleich weggenommen und entsorgt und ich durfte aufgrund meiner beachtlichen Größe weiterleben, denn Rüden sind bei den Galgos nicht viel wert. Meist sind die Weibchen zur Jagd besser geeignet, aber gute gesunde und stattliche Rüden braucht man zumindest auch zum weiter vermehren. Denn das werden wir, wir werden vermehrt so sehr und viele von uns werden gleich nach ein paar Tagen aussortiert, andere nach ein paar Wochen und nur die am besten gebauten haben eine Chance erwachsen zu werden. Meine Mutter lebte in einem kleinen Käfig und bekam dort ihr kleinen Welpen und ich sage Euch, meine Mutter hatte so viel Angst. Denn ständig wurde ihr ein Junges weggenommen und das tat ihr sehr weh. Meine beiden Brüder wurden in einen Eimer geworfen, der ganz in der Nähe des Käfigs stand und ab und zu hörten wir ein kleines Fiepsen und meine Mutter hatte so traurige Augen und wir schmiegten uns noch enger an sie, wir wollten bei ihr bleiben, wir wollten leben.

Meine Mutter durfte diesen Käfig nie verlassen und musste dort so lange Welpen bekommen, bis sie durch eine jüngere Hündin ersetzt wurde und das ist meist so nach drei Jahren der Fall. Natürlich wieder eine Hündin mit besten Genen in der Hoffnung erfolgreiche Galgos zu gebären. Natürlich war sie nach ein paar Jahren Käfighaltung nicht für die Jagd zu gebrauchen und sie wurde ausgesetzt. Unser Mensch hat seine Tiere alle ausgesetzt, sich immer sehr schnell umgedreht, er hat es nicht geschafft einen einzigen Hund zu töten. Am Anfang hat er mal einen Hund, der sich bei der Jagd die Beine gebrochen hatte danach erschlagen, weil er ihn nicht liegen lassen wollte, aber danach konnte er wochenlang nicht schlafen und er hat sich geschworen, dass er das nicht mehr macht und in Zukunft ließ er auch die verletzten Hunde einfach liegen, ohne sich noch einmal umzudrehen, denn einen Hundeblick zu vergessen, das ist schwer.

Diese Geschichte wurde von jeder Generation an die nächste weitergegeben, so dass wir schnell wussten das wir auf jeden Fall nicht durch seine Hand sterben werden. Er wünschte sich, er könnte auf uns schießen, aber er schaffte das einfach nicht und so gab es für den einen oder anderen Galgo unseres Menschen Hoffnung.

Zurück zu meiner Welpenzeit und dem kleinen Käfig, in dem ich aufgewachsen bin, bis ich alleine fressen konnte. Wir wurden eines Tages von meiner Mutter weggenommen und kamen in einen eigenen Käfig, zum Glück wir alle vier, das hat uns etwas getröstet, aber der Trennungsschmerz von Mama war dennoch sehr groß und wir schrien und weinten bis wir zu müde waren und eingeschlafen sind. Unser neuer Käfig war sehr dunkel, mir hat er gar nicht gefallen, aber ich war glücklich das ich meine Schwestern hatte und wir kuschelten uns möglichst eng zusammen als könnte uns dann nichts geschehen und haben Mama nach und nach fast vergessen. Wir lebten in diesem dunklen Kasten und horchten meist ob wir etwas hören. Eines Tages war dann eine meiner Schwestern auch nicht mehr da, der Mann hatte sie einfach weggenommen und wir wissen nicht wo sie hin ist, wir hatten Angst um sie und kuschelten uns wieder enger aneinander als würde das uns zusammenschweißen. Fast unser ganzes junges Leben nahmen wir über unsere Ohren war, wir hörten wenn der Mann kam und mit den anderen Hunden hantierte. Jeder Hund bekam sein Fressen in seinen kleinen Käfig gestellt und irgendwann waren wir dran, manchmal sagte der Mann zu uns was, da habe ich mir dann gedacht, vielleicht wenn ich ihn ganz doll lieb habe tut er mir nichts und schaute ihn immer freundlich an und wedelte fleißig mit meinem Schwanz. Und ihr glaubt es nicht, er sah mich auch freundlich an uns sagte etwas was ich nicht verstand aber es klang sehr nett. Ich hatte Hoffnung und meine Schwestern auch, sie legten sich genauso ins Zeug ihm zu gefallen und wir waren sehr zufrieden mit uns. Wir waren gute Hunde, sehr gute Hunde. Nach dem Fressen war mir oft schlecht, aber ich habe immer alles aufgefressen, denn wir mussten auch oft hungern, aber am schlimmsten war der Durst, wenn wir kein Wasser mehr in unserem Käfig hatten.

Eines Tages sagte er auch zu und dieses Wort, Gaza, das hatten wir schon so oft gehört und die anderen Hunde die auch in diesem Raum waren, die wir aber nur hörten und nie sahen, wurden immer ganz aufgeregt wenn er das sagte. Wir drei wurden an Leinen an einem Motorrad angehangen und der Mann ist gefahren und wir mussten rennen. Wir rannten um unser Leben, wir wussten instinktiv das wir uns keinen Fehler erlauben können. Irgendwann war es vorbei und wir kamen wieder an unserem Ort an, dort wo unser Käfig war und jetzt kam jeder von uns dreien in einen eigenen Käfig. Meiner war etwas heller als zuvor aber kleiner und ich fragte mich wo meine Schwestern wohl sind. Ich war müde, sehr müde und bin sofort eingeschlafen. Ein paar Tage später das gleiche Spiel, mit einer Leine wurde ich und zwei andere Galgos, die ich nicht kannte an ein Motorrad angehangen und “Gaza“ es ging los. Wieder rannte ich um mein Leben, neben mir verlor einer der dreien den Rhythmus und wurde nun hinterhergeschliffen, ich sah nicht hin und lief weiter um mein Leben. Der Mann muss es mitbekommen haben, hielt an und entfernte die Leine von dem Hund der gefallen war, ließ ihn liegen und wir fuhren und rannten weiter. Ich rannte, ich rannte und rannte, ich weiß nicht warum, aber ich wollte leben. So war mein kurzes Leben, entweder ich war in meinem engen und dunklen Käfig, bekam manchmal Fressen und etwas Wasser oder ich musste rennen. Eines Tages war es so weit, ich durfte an einem Rennen teilnehmen. Es war mein erstes Rennen und mein letztes und mein einziges, denn ich habe nicht gewonnen. Wir waren draußen, oh Mann war es da schön, ich war geblendet so schön fand ich es. Da waren viele Männer und viele Galgos und alle waren sehr aufgeregt. Eine meiner Schwestern erkannte ich auch, aber sie stand weiter weg bei einem anderen Mann und sie war auch sehr aufgeregt. Wir wussten es geht um Leben und Tod.

Unsere Aufmerksamkeit wurde auf einen fremden Mann gelenkt, der einen Hasen auf den Boden drückte. Mein Mann hatte mich am Halsband und neben mir stand ein fremder Galgo auf gleicher Höhe, ich wusste instinktiv, dass ich diesen Hasen bekommen muss und war voller Adrenalin und wollte los. Auf einmal konnte ich rennen und der Hase lief nun voraus und ich hinterher, neben mir lief ein anderer Galgo ebenfalls hinter dem Hasen. Ich wusste ich muss diesen Hasen bekommen, aber der andere war schneller und schnappte ihn um ihn zu erlegen. Ich wollte ihm den Hasen wegnehmen, aber ich hatte keine Chance und mein Mensch kam und leinte mich an. Ich sah seine Enttäuschung und ich war traurig, denn ich wollte ihn doch glücklich machen, ich hatte versagt. Wir fuhren nach Hause, ich kam in meinen Käfig und bekam weder Futter noch Wasser. Ich war traurig, ich wollte doch meinem Menschen gefallen und ich wollte ihn glücklich machen und hatte so versagt. Das nächste mal würde ich den Hasen fangen, das nahm ich mir fest vor. Ich hatte so einen Durst aber es war kein Wasser da, ich weiß nicht wie lange und dann wurde mein Käfig geöffnet und ich sollte raus und als ich aus meinem Käfig rausstieg sah ich, dass ich in der Natur war und da war noch ein Galgo Mädchen. Der Mann legte uns was zu fressen hin und wir stürzten uns hungrig auf das lang ersehnte Futter. Als ich mich umdrehte sah ich das der Mann mit dem Auto nicht mehr da war nur ich und das Galgo Mädchen standen da in der Natur. Wir suchten noch eine Weile nach dem Menschen, aber eigentlich wussten wir das er weg ist. Irgendwann legten wir uns müde hin und schliefen vor Erschöpfung tief ein. Das Galgo Mädchen war sehr lieb, ich mochte sie sofort und sie mich auch und wir kuschelten uns eng aneinander und wärmten uns in dieser Nacht. Als uns morgens die Sonne weckte waren wir leicht verstört. Was sollten wir tun, wir wussten es nicht also liefen wir los ohne Ziel und ohne Plan mit einem riesen Durst und Hunger. Wir liefen und liefen und wussten nicht wohin, wenn wir nicht mehr konnten legten wir uns hin um uns auszuruhen und dann liefen wir weiter. Mein Leben war kurz und wir waren nur zwei Tage unterwegs als wir zu einer Straße kamen und liefen eine Weile an der Straße entlang. Ich weiß nicht warum, aber ich wollte diese Straße überqueren. Meine Freundin sagte nein, es ist zu gefährlich laufen wir weiter an der Straße entlang, ich wollte nicht hören und rief schau das geht doch.

Dann kam dieser unermessliche Schmerz, ich wurde weggeschleudert und landete im Straßengraben, ich hatte solche Schmerzen aber ich hatte keine Angst.

Meine Freundin stand da und sah mich an, die ganze Zeit. Sie konnte mir nicht helfen aber sie tat es dennoch, es tat gut nicht alleine zu sein. Sie war mein lieber Engel, während ich sterbe denke ich an sie, an ihre hellen Haare und ihre treuen Augen und wie lieb sie ist. Ich bin so dankbar, dass ich sie hatte, meine liebe Freundin ganze zwei Tage lang. Vielleicht wären wir unter anderen Umständen die besten Freunde der Welt geworden, ja ich glaube mit Sicherheit wären wir das geworden, vielleicht waren wir es ja auch schon. Frieden zieht ein, Ruhe, Frieden und Leichtigkeit, ich bin tot. Danke das Du mir zugehört hast, denn ich war nur ein Galgo der kurz auf dieser schönen Erde war. Meine Freundin wurde vom spanischen Tierschutz gerettet und unsere Bilder wurden verbreitet um Eure Herzen zu berühren. Ich bin nicht umsonst gestorben…

In meinen Träumen waren wir schon immer zusammen, das hübsche Galgomädchen und ich…

 

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Für mich kam die Hilfe zu spät, aber viele meiner Freunde warten auf Deine Hilfe!